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Thailands Wirtschaft kränkelte auch ohne Coronavirus

Leeres Einkaufszentrum (in Pattaya) – Foto: TIP-Archiv

Thailands Wirtschaft stand schon vor dem Coronavirus auf schwächer werdenden Beinen, doch das Virus könnte das Land nun in volle Rezession stürzen, schrieb Clara Ferreira Marques im angesehenen Wirtschaftsmagazin Bloomberg; übersetzt von Thomas Schmid.

Außerhalb Chinas hat Thailand die höchste Anzahl von Patienten, die von dem neuartigen Coronavirus angesteckt sind. Unglücklicherweise schwächelte das auf Exporte angewiesene Land und Südostasiens zweitgrößte Wirtschaft nach Indonesien bereits schon vor dem Ausbruch des lungenentzündungsähnliche Symptome auslösenden Virus. Das alljährlich rund 500 Milliarden US$ einbringende Exportgeschäft wurde im vergangenen Jahr gleich von zwei Ereignissen schwer getroffen: zum einen den Auswirkungen des nach wie vor anhaltenden Handelskrieges zwischen den USA und China; zum anderen dem störrisch stark bleibenden Umtauschkurs des thailändischen Baht zum US-Dollar und anderen westlichen Währungen. Nun kamen zu allem Übel noch Reisebeschränkungen der chinesischen Regierung hinzu – und ein Großteil der ausländischen Besucher Thailands sind nun einmal Chinesen. Die Furcht um das Virus hat jedoch auch zu einem starken Rückgang von Touristen aus anderen Ländern geführt, vor allem aus Europa. Und plötzlich steht auf diese Weise das Schreckgespenst einer Wirtschaftsrezession für Thailand im Raum.

Aber Thailand hinkt seinen südostasiatischen Nachbarn auch in anderen Aspekten seit geraumer Zeit hinterher. Das politische Chaos im Land hat ausländische Investoren vorsichtig werden lassen, ihr Geld im Königreich zu investieren. Sodann leidet das Land auch unter einer alternden Gesellschaft, niedrige Produktivität sowie eine vollkommene Überschuldung von Privathaushalten. Die Zentralbank legte dar, dass Thailands Bruttosozialprodukt (BSP) im vergangenen Jahr nur um 2,5 Prozent gewachsen ist. Das ist sogar noch erheblich schlechter als die ansonsten bei BSP-Anwüchsen nicht besonders gut abschneidenden Nachbarstaaten Malaysia und Indonesien; und sogar der schlechteste BSB-Anstieg des Landes seit 2014, dem Jahr, in dem eine Militärjunta nach einem Putsch die Macht im Land übernommen hatte.

Auch die Exporte Thailands sind 2019 abgesackt, wobei vor allem die ungemein wichtige Autoteil-Industrie schwere Einbußen hinnehmen musste. Thailand ist ein regionales Produktionszentrum von Autoherstellern wie die japanische Firma Nissan, die mit sinkender Nachfrage aus wichtigen asiatischen Märkten wie eben China konfrontiert wurde. Und dann ist da natürlich der ungemein starke Baht. Thailands Währung hat im vergangenen Jahr allen Anstrengungen getrotzt, den Umtauschkurs gegenüber globalen Handelswährungen wie dem US-Dollar und Euro, aber auch dem australischen Dollar, zu senken und war 2019 in der Tat sich die bei Weitem am stärksten entwickelnde Währung ganz Asiens. Das beruhte auf mehreren Gründen, wie einer klaffenden Handelsbilanz zugunsten Thailands, aber auch niedriger Inflation sowie rekordmäßigen ausländischen Währungsreserven.

Erst seit Anfang Januar erfuhr der Baht wieder eine Schwächung; und dies ist wohl eine der wenigen positiven Auswirkungen, die der Coronavirus-Epidemie zuzuschreiben sind. Im vergangenen November entspannte die Bank von Thailand ihre Beschränkungen für Kapitalausflüsse, um so dem Baht ein wenig von seinem Höhenflug zu nehmen. Aber die Regulatoren der Bank sind sich nur allzu gut bewusst, dass man nicht zu sehr in den Sortenmarkt eingreifen darf, wenn man vermeiden will, von Washington als „Währungsmanipulator“ abgestempelt und verwarnt zu werden. Währenddessen wurde ein umfangreiches wirtschaftliches Stimulationspaket, einschließlich einer Vielzahl großer Infrastrukturprojekte, von parlamentarischen Streitereien um die Verabschiedung des Haushaltsbudgets für 2020 verzögert. Und sodann steht auch noch eine Leitzinssenkung auf ein Rekordtief von lediglich 1 Prozent ins Haus.

Das Jahr hat für Thailand also nicht besonders vorteilhaft begonnen. Und nun schaut es mit 19 im Lande bestätigten Coronavirus-Fällen – die meisten von ihnen chinesische Touristen – und einer wahrscheinlich noch rapideren Ausbreitung der Erkrankung noch düsterer aus. Im dritten Quartal 2019 wuchs Thailands Wirtschaft um ein schlappes 1 Prozent. Wirtschaftsanalytiker prophezeien, die Zahl für das vierte Quartal, deren Verlautbarung in den nächsten Tagen ansteht, könne sogar in den Minusbereich absacken. Ein weiterer Rückgang in den ersten drei Monaten könnt de facto mit einer Rezession gleichbedeutend sein.

Der allerwichtigste und größte Faktor ist hierbei das Tourismusgeschäft. Je nachdem, welche Maßstäbe angelegt werden, erwirtschaftet die Branche in etwa ein Fünftel von Thailands BSP. Besucherzahlen waren aber bereits im vergangenen Jahr aufgrund des erstarkten Baht rückläufig. Thailand war vielen einfach zu teuer geworden und sie wichen stattdessen auf andere tropische Urlaubsziele in der Region aus, wie beispielsweise die Philippinen, Malaysia, Indonesien, Kambodscha und Vietnam. Und selbst die Chinesen, von denen man sich erhofft hatte, sie würden nach einem starken Einbruch im Jahr 2018 aufgrund eines verheerenden Bootsunglücks, bei dem viele Chinesen ums Leben kamen, wieder in Massen nach Thailand reisen, stellten sich nur sehr zögerlich wieder ein. Dies macht die Reisebeschränkungen der chinesischen Regierung nun noch umso schmerzhafter für Thailand. Am 24. Januar wurden Reiseveranstalter in China angewiesen, bis auf Weiteres keine Gruppen-Pauschalreisen ins Ausland mehr anzubieten – und das betrifft eben auch Thailand. Obwohl immer mehr Chinesen individuell und unabhängig reisen, so bevorzugt die Hälfte aller chinesischen Auslandsurlauber dennoch immer noch Gruppenreisen. Thailands Finanzministerium warnte Ende Januar, die mit dem Virus zusammenhängenden Reisebeschränkungen könnten für drei Monate anhalten, was für Thailand etwa 400.000 weniger Urlauber aus China bedeute. Der Rückgang an chinesischen Urlaubern wurde jedoch von verschiedenen Tourismusorganisationen noch weitaus höher angesetzt.

Das sind für das Gastgewerbe des Landes natürlich verheerende Aussichten, besonders jetzt während der touristischen Hochsaison. Immerhin stellen Chinesen den Großteil der Besucher dar, rund 11 Millionen im vergangenen Jahr laut des Fremdenverkehrsamts. Außerdem sind sie angeblich spendierfreudiger als jede andere Nationalität. Im Jahr 2019 sollen sie in Thailand fast 18 Milliarden US$ ausgegeben haben, mehr als ein Viertel der Gesamteinnahmen aus allen Besuchernationalitäten zusammengenommen. Aber egal, ob sie pro Kopf vielleicht weniger ausgeben, das Coronavirus hat auch Urlauber aus anderen Ländern abgeschreckt, nicht nur jene aus China. Das macht es auch deutlich, weshalb Analytiker der Citibank-Gruppe die Zuwachszahlen ausländischer Urlauber in Thailand für das laufende Jahr 2020 von zuvor + 6,5 % auf nunmehr nur + 0,5 % nach unten korrigierten. Abgesehen vom Virus gibt es darüber hinaus aber auch noch andere, ungleich schwieriger zu erfassende Einflüsse auf Thailands Tourismus: Die Auswirkungen stagnierenden Wirtschaftswachstums in China als auch in der weiteren Region werden auch Einfluss auf Thailands Wachstum und Außenhandel nehmen als auch in Thailand selber den Konsum dämpfen.

Man erinnert sich zurück: Auch der SARS-Virus (Severe Acute Respiratory Syndrome) zwang im Jahr 2003 die Region wirtschaftlich auf die Knie. Aber die SARS-Erfahrung bietet nun auch ein wenig Trost und Hoffnung hinsichtlich des Coronavirus. Nach SARS kamen die Wirtschaften Südostasiens und auch Hongkongs wieder erstaunlich schnell auf die Beine. Hongkongs Wirtschaft hatte sich bereits im August 2003 wieder eingerenkt, teilweise auch dank neuer Regeln, welche Chinesen aus der Volksrepublik die Einreise nach Hongkong wesentlich erleichterten und so der Tourismusbranche der ehemaligen britischen Kronkolonie einen tüchtigen Schub verliehen. China hat nach der SARS-Episode außerdem seine Prozeduren zur Eindämmung und Bekämpfung einer Epidemie deutlich verbessert, was dabei helfen könnte, die Coronavirus-Situation noch schneller in den Griff zu bekommen, als das bei SARS der Fall war. Dennoch darf man nicht zu leichtfertig werden. Der Umfang, den die Epidemie erreichen kann, ist zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht zuverlässig abzuschätzen. Thailands Wirtschaft ist äußerst abhängig von chinesischen Besuchern geworden, mehr als jemals zuvor. Und wenn diese Besucher weitgehend ausbleiben … Hinzugerechnet werden müssen auch noch Thailands gegenwärtige Dürre – die schlimmste in Jahrzehnten – sowie die durch die Haushaltsquerelen verursachte Verzögerung bei Infrastrukturprojekten und das Problem des historisch niedrigen Leitzinssatzes. Zu allem Übel verzeichnete Thailands Börse am 27. Januar dann auch noch ihren tiefsten Sturz seit 2016. Man sollte vielleicht doch ein wenig pessimistisch sein.

Erschienen in der TIP-Ausgabe 2020-3.
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