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Jährlich 65 Millionen Touristen
Foto: TIP-Archiv
Thailand hat bereits mit den Umweltauswirkungen eines Tourismusbooms ohnegleichen zu kämpfen. In diesem Jahr könnten voraussichtlich 40 Millionen Besucher ins Land kommen. In zehn Jahren sollen es laut Prognosen 65 Millionen Touristen erreichen und damit für Land und Leute eine noch größere Herausforderung darstellen.
Südostasiens zweitgrößte Volkswirtschaft plant, rund 400 Milliarden Baht in den Ausbau der Flughafenkapazität und die Verbindung dreier Flughäfen mit Hochgeschwindigkeitsbahnen zu investieren. Infolgedessen könnte die Zahl der ausländischen Touristen bis 2029 um mehr als 60 Prozent auf etwa die Größe der britischen Bevölkerung ansteigen, wie Prognosen des World Travel and Tourism Council belegen.
Der Tourismus ist ein wirtschaftliches Lebenselixier für Thailand, und die bloße Besucherzahl ist einer der Gründe, warum die Nation in diesem Jahr die stärkste Währung Asiens hat. Die ökologische Herausforderung der Bewältigung der touristischen Sintflut nimmt jedoch zu.
Ein Beispiel dafür ist die unbefristete Schließung der legendären Maya Bay, die durch den Film The Beach von Danny Boyle mit Leonardo DiCaprio berühmt wurde. Die komplette Sperrung des Strandes soll die Erholung des Ökosystems ermöglichen.
„Die Zahl der Touristen wächst zu schnell, als dass das Land damit fertig werden könnte“, sagte Somprawin Manprasert, Chefökonom der Bank of Ayudhya, einer thailändischen Einheit der Mitsubishi UFJ Financial Group. „Wir müssen ein besseres System für das Management der Touristen und Reiseziele implementieren, das bei Überlastungs- und Umweltproblemen helfen kann. Es gibt noch nicht genug davon.“
Thailand ist nicht allein mit den Folgen des Massentourismus konfrontiert, die von Korallenschäden bis hin zu Plastik-, Müll- und Abwasserverschmutzung im Meer reichen. Nachbarn wie die Philippinen und Indonesien stehen vor ähnlichen Herausforderungen.
Der Unterschied für Thailand besteht darin, dass der Tourismus bis zu einem Fünftel der Wirtschaft ausmacht, was die Verwaltung des Sektors zu einem entscheidenden Thema für die Wirtschaftsaussichten des Landes macht.
Die Anzahl der Touristen ist in den letzten Monaten im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, was angesichts einer sich abkühlenden Weltwirtschaft als vorübergehend angesehen wird.
Beamte in der Tourismusbranche haben jahrelang versucht, Reisende für weniger besuchte Teile des Landes zu interessieren, um den Druck auf traditionelle Brennpunkte wie die Hauptstadt Bangkok und Badeorte wie Pattaya oder Phuket zu verringern. Diese Initiativen waren nur teilweise erfolgreich.
Zu den geplanten Infrastruktur-Upgrades in Thailand gehören das Hinzufügen neuer Terminals an den Flughäfen Suvarnabhumi und Don Mueang sowie die Erweiterung des nahe dem Seebad Pattaya gelegenen Flughafens bei U-Tapao in Rayong.
Das würde bis 2025 eine Kapazität von rund 190 Millionen Passagieren pro Jahr auf allen drei Flughäfen bedeuten. Derzeit sind es rund 78 Millionen. Auf den Flughäfen des Landes werden viel mehr Passagiere abgefertigt, als beim Bau eigentlich vorgesehen war.
„Verkehrsverbesserungen allein reichen nicht aus, um die Nachhaltigkeit des Tourismus zu gewährleisten“, sagte der scheidende Tourismus- und Sportminister Weerasak Kowsurat, bevor er in den Senat berufen wurde. „Wir müssen die Energie- und Wassereffizienz fördern, den Einsatz von Kunststoffen reduzieren und mehr recyceln.“
Starker Baht und wenige Europäer
Der Leiter der thailändischen Tourismusbehörde TAT hat den starken Baht für die schlechter als erwarteten Touristenzahlen im Land verantwortlich gemacht. Er gab auch zu, dass europäische Besucher mit ihrem Geld vorsichtiger umgehen und Thailand beispielsweise indische Touristen ins Land holen müsse, um das Wachstum aufrechtzuerhalten.
Auch sprachen thailändische Medien über den Brexit und die Handelskonflikte der USA mit anderen Ländern als beitragende Faktoren.
TAT-Chef Yuthasak Suphasorn sagte, dass im ersten Halbjahr 2019 mit 20 Millionen Touristen weniger Besucher nach Thailand kamen, als erwartet worden war.
Ausländische Besucher gaben 1000 Milliarden Baht und einheimische Touristen 560 Milliarden Baht aus, was angesichts der aktuellen globalen Wirtschaftsaussichten als akzeptabel angesehen wurde.
Yuthasak sagte, dass europäische Reiseveranstalter ihre Preise zwischen zehn und 20 Prozent angehoben hätten, was bedeutete, dass viele Europäer auf der Suche nach günstigeren Preisen in andere Länder und nicht nach Thailand reisen wollten.
Und er gab zu, dass diejenigen, die nach Thailand kommen, vorsichtiger mit ihrem Geld umgehen, da sie weniger Baht dafür erhalten.
Es war das erste Mal, dass ein TAT-Beamter zugab, dass der thailändische Baht sehr wohl einen großen Einfluss auf die Tourismusbranche hat.
Obwohl weniger Europäer kämen, so Yuthasak, würden die Defizite ausgeglichen, wenn man sich an Besucher aus Indien, Südasien im Allgemeinen und die ASEAN-Länder halte.
Die Aussichten für die Zukunft seien weiterhin positiv, sagte er und erwartete, dass der Tourismus in diesem Jahr 3400 Milliarden Baht erwirtschaften werde, wobei für 2019 40 bis 45 Millionen Besucher erwartet würden. Dies sei dann doch eine positive Zahl im Vergleich mit 2018, da waren es 38,5 Millionen.
Er sagte, dass die momentane Verschnaufpause in der Nebensaison normal sei – die Dinge würden sich im Oktober wieder ändern, wenn die Hochsaison beginne.
Er wies darauf hin, dass Besuche in sekundären thailändischen Städten um fünf Prozent zugenommen hätten, was ein gutes Zeichen sei.
Starker Baht schadet Pattaya-Tourismus
Der starke Baht hat laut des Verbandes für Unterhaltung und Tourismus in Pattaya einen hohen Tribut bezüglich der Anzahl europäischer Touristen gefordert.
„In den letzten Monaten sind europäische Besucher aufgrund des hohen Baht kaum nach Pattaya gekommen“, sagte Damrongkiat Phinitkarn, der Sekretär des Verbandes.
Touristen würden wahrscheinlich in andere Länder reisen, um Kosten zu sparen, sagte er. Darüber hinaus ziehen sich laut Damrongkiat einige ausländische Investoren aus Unterhaltungsetablissements in Pattaya zurück.
Er zeigte sich optimistisch über die von der Regierung geförderte Sonderwirtschaftszone (Eastern Economic Corridor, EEC) und sagte, diese könne helfen, ausländische Touristen in die Stadt zu bringen, die sich in der Nähe des internationalen Flughafens U-Tapao befindet.
Ihm zufolge ist die Zahl der Besucher in Pattaya in dieser Nebensaison gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 20 bis 30 Prozent gesunken.
Die Zahl der chinesischen Touristen sei infolge der Bootstragödie in Phuket im Juli letzten Jahres ebenfalls deutlich zurückgegangen. Amporn Kaewsang, Geschäftsführerin von The Stones House, einem Unterhaltungsetablissement in der Walking Street, sagte, indische Touristen ersetzten europäische und auch chinesische Reisende.
Doch sie merkte auch an, dass einige Bierbars infolge des Ausbleibens der Europäer geschlossen wurden. Sie sagte, Barbetreiber sollten auf das Währungsproblem mit Marketing reagieren, um Reisende zurückzubringen.
Sie sagte, die lokalen Betreiber hofften, dass das EEC-Projekt die wirtschaftliche Entwicklung ankurbeln und die Touristen nach Pattaya zurückbringen werde.
Starker Baht schadet Phuket-Tourismus
Der Tourismus in Phuket hat ähnlich wie in Pattaya erhebliche Probleme. Die thailändischen Medien zeichnen ein düsteres Bild vom Tourismus in Südthailand, insbesondere in Phuket.
Ein führender Hotelier sagte, es sei offensichtlich, dass der Tourismus in Phuket ins Wanken geraten sei. Die Einnahmen der Tourismusindustrie seien schon seit Jahren rückläufig.
Der Leiter des Thailändischen Hotelverbandes in Südthailand, Kongsak Phupongsakorn, sagte, dass der Juni immer der schlechteste Monat für den Tourismus sei, doch in diesem Jahr sei er einfach „schrecklich“ gewesen.
Ähnlich wie in Pattaya meldete auch Konsak für Phuket einen erheblichen Einbruch bei den Touristenzahlen.
Kongsak gab neben dem starken Baht noch andere Gründe an wie zum Beispiel die schwache Weltwirtschaft, in der die Menschen weniger reisen und weniger ausgeben. Es seien nicht nur Europäer, die von der schlechten Wirtschaftslage betroffen sind, sondern auch Asiaten.
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China wirke sich auch auf die Investitionen aus. Investoren und Touristen haben Angst.
Kongsak – ungewöhnlich für einen solchen Bericht – machte für die Lage in Phuket auch die Thais direkt verantwortlich.
Er sagte, die unvorhersehbare und unklare politische Situation erschrecke die Menschen. Die anhaltende Unsicherheit und der lange Prozess der Regierungsbildung waren für den Tourismus nicht hilfreich. Dies hat zu einem Mangel an gradliniger Tourismuspolitik geführt. Die Sicherheitsbedenken von Touristen seien nicht angemessen berücksichtigt worden, was zu einem Mangel an Vertrauen geführt habe.
Der Tourismusmarkt in Phuket verzeichnete jahrelang ein anhaltendes Wachstum, das einen Bauboom von Hotels auslöste. Die Anzahl der Touristen sei innerhalb von fünf Jahren von neun Millionen pro Jahr auf 14 Millionen Besucher jährlich angestiegen. Diese Steigerung konnte jedoch nicht aufrechterhalten werden.
Neue Hotels haben keine Gäste und Investoren erhalten keine Renditen. Mehr Hotelzimmer und mehr Restaurants bedeuten mehr Wettbewerb.
Kongsak sagte abschließend, dass es in Phuket zurzeit Angebote gibt, in denen Hotelzimmer mit bis zu 50 Prozent Rabatt vermietet werden.
Übersetzung eines engl. Artikels aus der „Bangkok Post“.
Erschienen in der TIP-Ausgabe 2019-8