Content
Blick über den Tellerrand: Kreide gefressen?
Durch die unbegründete Aufkündigung des mühsam ausgehandelten Atomabkommens in Verbindung mit der Entsendung von Kanonenbooten (Flugzeugträgergeschwader) hat er die Lunte für die Iran-Krise gelegt, gemeint ist natürlich Donald Trump. Mit seiner großspurigen, manche meinen auch großkotzigen, Art wollte er den Iran zu Zugeständnissen zwingen. Wieder einmal eine Fehleinschätzung einer US-amerikanischen Regierung in Bezug auf den Nahen Osten.
Natürlich hat die iranische Regierung nicht klein beigegeben – trotz aller von den USA verhängter Sanktionen. Zunächst kam es zu relativ harmlosen Spielchen, hier wurde ein Tanker angegriffen, dort wurde ein Tanker an die Kette gelegt usw. Nun scheint die Krise ihre nächste Stufe erreicht zu haben, nachdem zwei Ölraffinerien in Saudi-Arabien mit Drohnen und Marschflugkörpern angegriffen wurden. Angeblich eine Aktion der Huthi-Rebellen aus dem Jemen, in dem seit Jahren Krieg herrscht. Auf der einen Seite die von Saudi-Arabien massiv unterstützte Regierung, auf der anderen Seite die Huthi-Rebellen, unterstützt durch den Iran.
Kaum jemand glaubt den Beteuerungen des Iran, nicht hinter diesem Anschlag zu stecken. Der präzise Einsatz von Drohnen und Marschflugkörpern setzt modernstes Equipment und hierfür ausgebildetes Personal voraus. Beides dürften die Huthi-Rebellen nicht vorweisen können.
Und was macht der Luntenleger Trump? Erst feuert er seinen Sicherheitsberater Bolton – bekanntlich ein Scharfmacher, wie er im Buche steht. Bolton wird ersetzt durch einen erfahrenen Diplomaten, der sich im Zusammenhang mit Geiselbefreiungen einen Namen gemacht hat. Dann verkündete Trump keinen Militärschlag vorzunehmen (zumindest zunächst nicht) und kündigt weitere Sanktionen gegen den Iran an. Man könnte fast den Eindruck haben, Trump hätte wie der böse Wolf im Märchen Kreide gefressen.
Erschienen in der TIP-Ausgabe 2019-10