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Wirtschaft: Der steinige Weg
Die thailändische Automobilindustrie steckt in einer ähnlich großen Krise wie die deutsche. – Foto: Wikimedia
Die thailändische Wirtschaft wird 2020 weiterhin nur langsam wachsen, wenn auch etwas schneller als letztes Jahr. Es wird ein Wachstum von 2,5 bis drei Prozent prognostiziert, verglichen mit 2,5 Prozent im Jahr 2019, schreibt Kirida Bhaopichitr vom thailändischen Forschungsinstitut für Entwicklung (TDRI), deren Analyse mitunter recht optimistisch ausfällt.
So erklärt sie beispielsweise, dass der thailändische Markt für Fahrzeuge in den letzten drei Jahren stark gewachsen sei. Sie verschweigt aber gleichzeitig die katastrophalen Einbrüche, die die Fahrzeugindustrie im zweiten Halbjahr 2019 hinnehmen musste. So schrumpfte der inländische Fahrzeugverkauf im November das sechste Mal in Folge und sank um 16,2 Prozent (Vergleich November 2018). Im Oktober war der Verkauf im Vergleich zum Vorjahresmonat um 11,3 Prozent geschrumpft. Kirida spricht indes von einem „starken Wachstum“, weil sie das letzte halbe Jahr ausblendet.
Die Haupttreiber der thailändischen Wirtschaft in diesem Jahr werden die Erholung des Exportvolumens und des Tourismus sowie höhere Staatsausgaben sein. Darüber hinaus wird die Verlagerung von Investitionen von China nach Thailand infolge des Handelskonflikts zwischen den USA und China im Jahr 2020 offensichtlicher werden. Der Handelskonflikt wird jedoch weiterhin ernsthafte Risiken mit sich bringen, da er fortdauernde Auswirkungen auf den Handel, die chinesische Konjunktur und das Vertrauen der Anleger hat.
Die thailändischen Exporte im Jahr 2020 werden weiterhin von der globalen Konjunkturabkühlung betroffen, die Mengen werden jedoch geringfügig höher sein als im Jahr 2019. Der anhaltende Zollkonflikt zwischen den USA und China hat zu einem langsameren Handelswachstum und einer Flaute in der chinesischen Wirtschaft geführt, was sich auf die thailändischen Exporte auswirkte. Die endgültigen Zahlen lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor, aber es wird geschätzt, dass die Exporte 2019 um zwei Prozent schrumpften.
Da der Konflikt zwischen China und den USA in diesem Jahr voraussichtlich nachlassen wird, dürften die thailändischen Exporte leicht zunehmen. Darüber hinaus werden die Exporte in die USA, die 2019 um fast 15 Prozent zulegten, weiter zunehmen, da die USA Importe, die normalerweise nach China gehen würden, nach Thailand und in andere Länder umleiten. So haben beispielsweise die Exporte von Festplatten und Kompressoren in die USA im Jahr 2019 rasant zugenommen.
Der Tourismus erholte sich in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 und wird im Jahr 2020 weiter wachsen. Die Anzahl der Besucher und die Einnahmen erholten sich im Juli 2019 mit dem starken Wachstum der indischen Touristen, auch die Zahl der chinesischen Besucher hat sich wieder erholt. Letzteres ist das Ergebnis des wiederhergestellten Vertrauens nach dem Bootsunfall in Phuket Mitte 2018 und der Tatsache, dass viele chinesische Besucher in Thailand aus Hongkong stammen. In diesem Jahr sollten die Einnahmen aus dem Tourismus um 4,5 Prozent steigen, 2019 waren sie um ca. vier Prozent gestiegen.
Die Verlagerung von Unternehmen aus China begann im Jahr 2019 und wird 2020 offensichtlicher werden. Dazu gehören chinesische und nichtchinesische Unternehmen, die ihre Produktions- und Lieferketten aufgrund von Unsicherheiten wegen des Handelskonflikts aus China verlegen. Der Umzug nach Thailand wird hauptsächlich von japanischen und chinesischen Unternehmen in den östlichen Wirtschaftskorridor (EEC) durchgeführt. Dies zeigt sich in der raschen Zunahme der geplanten Ansiedlungen in den Industriegebieten des EEC. Firmenumzüge sind kapitalintensiv und umfassen Hersteller von Automobilteilen und Elektrogeräten.
Der Baht wird 2020 weiterhin stark bleiben. Kapitalzuflüsse aus der Erholung der Exporte, des Tourismus und ausländischer Direktinvestitionen werden die Währung stark halten. Der Baht erreichte 2019 einen Durchschnitt von 31,05 je Dollar und dürfte 2020 einen Durchschnitt von 30,30 erreichen, ähnlich wie Ende 2019. Es wird auch in diesem Jahr stärker sein als die Währungen der fünf wichtigsten Volkswirtschaften der ASEAN-Staatengemeinschaft.
Die öffentlichen Ausgaben, insbesondere die öffentlichen Investitionen, werden sich beschleunigen. Mit der Verabschiedung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020 im Februar werden sich die Auszahlungen für öffentliche Investitionen beschleunigen. Die Bank of Thailand geht davon aus, dass die öffentlichen Investitionen in diesem Jahr um 6,3 Prozent steigen werden, verglichen mit nur 1,7 Prozent im letzten Jahr.
Darüber hinaus werden die staatlichen Ausgaben für Einkommensstützungsprogramme und Stimuluspakete, die 2019 ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachten, in diesem Jahr fortgesetzt, weil das Verbrauchervertrauen nach wie vor gering ist und das BIP in unterschiedlichen Sektoren ungleich wachsen wird.
Das Einkommen der Farmer dürfte wegen der vorhergesagten Dürre in diesem Jahr kaum steigen, die Preise für Reis und Kautschuk voraussichtlich aber schon. Die Regierung leistet auch Hilfe beim Einkommen der Farmer und unterstützt sie mit Garantierpreisen für Produkte wie Reis, Mais, Kautschuk und Palmen. Die Dürre wird sich jedoch auf die Produktion auswirken und damit insbesondere auf den Anbau von Reis, der wasserintensiv ist. Das wiederum hat Auswirkungen auf das Gesamteinkommen der Farmer.
Der Konsum wird sich weiter verlangsamen. Angesichts der Einkommensunsicherheit, der hohen Verschuldung der Privathaushalte und des geringen Verbrauchervertrauens wird der Konsum im Vergleich zu 2019 noch schleppender wachsen. Das gilt insbesondere für den Kauf von langlebigen Gütern wie Fahrzeuge, der in den letzten drei Jahren stark gewachsen ist.
Angesichts des langsamen Wachstums von Konsum und Export dürften sich die Produktion im verarbeitenden Gewerbe und die inländischen Investitionen in diesem Jahr kaum beschleunigen. Angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Nachfrage und der geringen Kapazitätsauslastung von rund 65 Prozent Ende 2019 dürften die privaten Investitionen weiterhin langsam wachsen.
Dies zeigt sich auch im Rückgang der ausgegebenen BOI-Zertifikate sowie der Investitionen seit Mitte 2018. Aufgrund der Dämpfung und des Überangebots im Immobiliensektor wird das Baugewerbe – das als Privatinvestition betrachtet wird – ebenfalls weiterhin schleppend sein.
Obwohl die thailändische Wirtschaft weiter expandieren wird, ist das Wachstum ungleichmäßig und die Abwärtsrisiken sind hoch. Branchen, die mit Tourismus, Logistik, E-Commerce und mit aus China verlagerten Unternehmen verbunden sind, werden weiter wachsen, ebenso wie die Exporte, die von der Umleitung des Handels nach Thailand profitieren.
Auf der anderen Seite werden große Sektoren wie Landwirtschaft, Immobilien und die Automobilindustrie zusammen mit ihren Zulieferketten nur langsam wachsen. Die Handelsunsicherheiten aufgrund des US-chinesischen Zollkonflikts, die Konjunkturflaute in China und der starke Baht werden weiterhin eine große Rolle spielen, was Abwärtsrisiken für Unternehmen in Thailand betrifft.
Übersetzung eines englischsprachigen Artikels aus der Bangkok Post.
Erschienen in der TIP-Ausgabe 2020-2.
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